Eine Erweiterung des Kapitels 2.6. “Der traurige Junge” aus dem 2. Teil der Video-Serie “Kierkegaard, Post-Existenzphilosophie” “Leiden & Qualen” (23:46)
1. Eine Person ist tot. (00:23)
(Material aus den Stunden der Tiefenwahrheit vom 2013_09_13 [_14] und 2011_12_06)
Ab dem Moment war ich nur noch ein stilles, totes… ein stiller, toter Junge.
Mich gibt’s nicht. Es gibt keinen Jungen namens Peter. Den gibt es nicht mehr. Und ich sage ganz ehrlich: Den gibt’s noch lange nicht, der braucht noch eine Weile; der braucht noch eine Weile, bis er wieder da ist.
Was soll ich bloß machen? Ich kenne den gar nicht, den Jungen: das ist wie eine andere Person. Ich kenne gar nichts.
Es kommt mir so vor, als könnte ich den nur kennen, wenn es nicht so gewesen wäre, wie es gewesen ist. Nur dann wäre der sozusagen überhaupt da.
2. Eine falsche Person lacht hektisch. (02:12)
(Material aus der Stunde der Tiefenwahrheit vom 2011_05_30)
Es kommt mir so vor, als ob ich diese ganze Hektik und Schnelligkeit nur entwickelt habe, um vor etwas abzulenken. Ich sehe einen kleinen Jungen, der plötzlich so rumspringt und hektisch wird und… – ja, völlig künstlich eigentlich…
3. Eine Person ist traurig unter dem Schein. (03:26)
(Material aus der Stunde der Tiefenwahrheit vom 2011_06_17)
Der Junge, der eigentlich so weise ist… Hm… Und da muß der aber irgendwann mal sozusagen klein beigegeben haben. Und ich weiß nicht, ob der Junge – ob das ich bin und wer ich gewesen bin: ich weiß das alles nicht. Nur eins: daß da irgendwas dran ist: ja, ich war dort und dort, ja – das kann ich nicht leugnen. Aber ich weiß nicht, was das für eine Bedeutung haben soll. Alles ist weg.
Da fällt mir wieder der kleine Junge ein, der so davonspringt – einer Gefahr entkommend –, und der dann nur noch lacht – ein ganz falsches Lachen, verlegenes Lachen. Und der dann gute Miene zum bösen Spiel macht. Und der bin ich immer! Ich bin immer der, der in diese Panik verfällt, aus der Schießscharte alles heraus sehn muß, wo alles schnell gehen muß, und der gar nicht da sein darf und entspannt sein darf: diese Welt ist mir verschlossen, ich gehöre nicht in diese Welt. Und obwohl ich das so sehe, weiß ich auch, daß ich so bleiben werde. Ich kann einfach nicht anders. Jetzt im Moment bin ich relativ – ganz traurig. Es kommt mir so vor, als ob ich noch ganz lange dieser Junge sein muß, der so sitzen muß, und für den es keine andere Welt gibt. Und ich muß erst mal…, ich muß erst mal nur dieser traurige Junge sein, für den es gar nichts anderes gibt als völlig eingeschüchtert zu sein.
4. Konfusion zwischen wahrer und falscher, zwischen lebendiger und toter Person. (6:51)
(Material aus den Stunden der Tiefenwahrheit vom 2011_12_08 und 2013_02_08)
Manchmal habe ich so ein zärtliches Gefühl für mich selber: als ob ich einen kleinen Jungen sehe. Gibt es das? Wenn schon, dann bin ich das doch selber – wieso sehe ich den Jungen als fremde Person?
Wieso bin ich das nicht (der kleine Junge)?! Wieso ist das jemand anders?
Das muß doch ich sein!
Ja, aber es irritiert mich – wieso sehe ich einen Jungen und nicht mich selber? Das kann doch nur ich sein! Scheiße!
Da sitze ich in den Blumen und träume vor mich hin. Aber rechts von der Stange, als ob da ein Junge ist, der diese 20 % ausmacht. Als ob der auch da ist.
Ich will da drinnen verstanden werden! Weil das eben der Unterschied ist zu dem anderen! Weil ich da wirklich da bin! Ganz einfach! Ich bin einfach da! Und mich gibt es irgendwie wirklich in dem Moment!
Oh Mann, jetzt sehe ich plötzlich noch mehr davon! Oh, das ist eigentlich eine Schande, daß man so die Dinge überhaupt nicht mehr sieht oder nicht mehr gesehen hat oder sich nicht mehr erinnern konnte! – Jetzt kommt wieder diese Entwürdigung.
Und da sitze ich dann da hinten in meinen Blumen… Ja, und wahrscheinlich träume ich nur vor mich hin so irgendwie… – als ob da ein Junge ist oder so, der…, ja, der diese 20 Prozent ausmacht [der Echte]. Als ob der auch da ist. Und der ist irgendwie lebendig – wobei der da hinten, auf dem Rasen da, der ist…, nein, der ist nicht mehr von dieser Welt. Der ist irgendwie…, der ist mit seinen Blümchen da beschäftigt irgendwie und der träumt nur vor sich hin…
Weil das eben der Unterschied ist zwischen dem anderen…, zu dem anderen [dem Unechten], weil ich da wirklich da bin! Und mich gibt es irgendwie wirklich in dem Moment!
Oh Mann, ich sehe jetzt plötzlich Sachen, die habe ich ja überhaupt nicht gesehen seit 50 Jahren! Ich sehe so Spielzeuge!
Ich sehe alles genau vor mir.
Zweite Erinnerung: Ganz seltsam! Ich weiß, daß es das gegeben hat, aber in meinem Kopf kann ich es nicht genau sehen!… Ah, jetzt fallen mir noch andere Sachen ein!
Es ist nicht wie wirklich, das Bild ist noch nicht ganz da! Ganz komisch. Aber ich weiß es genau, daß es das gegeben hat, aber das Bild ist noch nicht in meinem Kopf!
Verdammt nochmal! Scheißdreck! Scheißdreck! Scheißdreck!
Ich sehe die Kleinlichkeit dessen, was mich wirklich ausmacht – wie wenig das ist! Wie gering das ist!
5. Eine vor sich selbst flüchtende Person kommt zur Ruhe. (11:33)
(Material aus den Stunden der Tiefenwahrheit vom 2011_09_23 und 2018_06_11)
Wie gehe ich mit dieser (doppelt bösen) Stimme um, die andauernd sagt: “Du darfst nicht zur Ruhe kommen, dich nicht fallen lassen!”
Und währenddessen ich das spreche – trotzdem schreit die Stimme im Hintergrund!: “Dich gibt es nicht! Du brauchst auch nicht danach zu suchen. Du mußt nur eins: du mußt permanent in Eile auf der Flucht vor dir selber sein!”
Es gibt nur zwei Seiten: ich bin da in aller Ruhe – auf der anderen Seite Streß, Eile und Verarschung. Jetzt will ich langsam mal zur Ruhe kommen! Ich will wirklich da sein!
Ich darf da sein. Ich darf zur Ruhe kommen. Ich darf mich fallenlassen. Ich darf alles sein lassen.
Jetzt schauen wir uns mal wirklich an, worum alles überhaupt geht. Jetzt schauen wir uns mal ganz ganz leise an und aufmerksam und in aller Ruhe Wahrheit und in aller Wahrheit – jetzt schauen wir uns einfach mal die ganze Wahrheit an.
Ich habe noch keine Ahnung, worauf es hinauslaufen wird, aber wenn du denkst oder wenn du das so brauchst und willst, dann machen wir das mal so.
Wir schauen uns mal wirklich einfach die Dinge so an und das Leben so an, wie es ist und wie du dich wirklich darin fühlst und was du wirklich denkst und was du wirklich möchtest und willst wer du bist,
Paß auf, jetzt schauen wir uns…. Wir schauen uns mal einfach die Dinge so an, wie sie sind: was du willst, wer du bist? Das schauen wir uns jetzt an! In aller Ruhe.
Wer du wirklich bist. Du darfst jetzt alles sagen. Wer du bist. Wie du bist. Ab jetzt darfst du. Du brauchst nicht mehr dieser Junge zu sein, der so schnell ist, der so schnell ist, der so schnell und sprunghaft ist, der nur rumspringt, der nur wegspringt und immer… – der immer nur lächelt und springt. Der nur immer auf der Flucht ist. Noch nie in seinem Leben…
Du brauchst nicht mehr dieser Junge zu sein, der so schnell ist, sprunghaft ist. Wegspringt und lächelt. Auf der Flucht. Noch nie in seinem Leben zur Ruhe gekommen ist, noch nie er selber gewesen ist. Noch nie in seinem Leben ruhig bei sich selbst gewesen ist.
Der einfach mal still an einem Ort stehen bleibt anstatt rumzuspringen. Der zu allem lächelt. Der mit sich was herumschleppt. Der über alles sprechen kann, loslassen kann. Gefühl, wie ich es immer vermißt habe: wirklich da zu sein.
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