Post-philosophisches Vorwort zu Tiefenwahrheit in Aktion Teil 1
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Veranschaulichende Grafiken aus dem psycho-medizinischen Bereich mit weiteren Kommentaren
Kommentar zu Kapitel 1
01:13 (Youtube-Direkt-Link)
Die Person weiß eigentlich, daß sie mehr will als in der Öde herumzustumpfen und daß das Leben mehr hergibt und hergeben sollte als das und daß es um mehr als das Überleben, sondern um ein Leben geht, und kennt insofern ihr Motiv, eine Stunde der Tiefenwahrheit zu nehmen. Aber sie ist sich nicht sicher. Wir werden im Laufe der Tiefenwahrheitsstunde den Grund für diese Unsicherheit mitbekommen. Die Person weiß auch schon, daß sie lebensgehemmt ist, daß sie, wenn sie die Hemmungen los wäre, sie kein Problem hätte, sondern sich da-seiend und lebendig fühlen würde.
Kommentar zu Kapitel 2
05:18 (Youtube-Direkt-Link)
In dem “Aber” [dann kommt immer wieder diese wütende Stimme] klingt ein Ansatz von Weinen als Ahnen der Ursache für die Verklemmung. Die “wütende Stimme” drückt im Grunde genau dasselbe aus wie wie die kleine Stimme, die das Problem schon ahnt. “Du bleibst dabei!” heißt nichts anderes als: Stehe weiter zu deiner inneren wahren – noch verschwindend kleinen – Stimme! Die Wut ist die grobe Stimme der Stimmlosigkeit, denn die kleine Stimme ist im Grunde gar nicht da, nur eine Ahnung.
Auch durch Antizipation der Frustration gelingt es, in die tiefere Wahrheit vorzudringen.
Die “Verbindung [, die ich nicht] hinkriege” ist die Verbindung zur inneren, kleinen Stimme, die das Problem und seine Lösung kennt – vorerst nur ahnt –, zur wahren Person, die noch nicht da ist.
Kommentar zu Kapitel 4
09:14 (Youtube-Direkt-Link)
“Und da muß ich gleich wieder losschreien vor Wut.” – Es ist nicht die Wut, die schreien läßt, sondern es ist der Schmerz, der aufsteigt und ansatzweise schon gefühlt wird. Bei mehr Fühlen des Schmerzes läßt dieser schreien. Arthur Janov spricht insofern durchaus zurecht davon, daß die “Wut eine Abwehr des Schmerzes” ist. Genauer gesagt und phänomenologisch gesprochen ist die Wut aber eine Unterdrückung, besser gesagt: eine Überspielung des Schmerzes. Gleichzeitig aber ist sie Ausdruck der wahren Person, ja im Grunde bereits auch schon Ausdruck des Schmerzes, Ausdruck der geschmerzten (verletzten) Person. Aber gleichzeitig ist die Wut auch Ausdruck des Lebenswillens der Person und deren Bestehens auf ihr Leben. Die Wut ist bereits Ausdruck der geschmerzten und schmerzenden Person, aber sie ist noch keine Verschmerzung (diese kann nur der Schmerz und dessen vollständiges Fühlen bewirken), sie ist nur ein ab- oder umgeleiteter Schmerz, eine Verwandlung des Schmerzes, wie es Wilhelm Reich sagen würde. (Zur Veranschaulichung dazu siehe die Grafiken 1 und 2 aus dem psycho-medizinischen Bereich.)
Auf jeden Fall ist die Wut – technisch gesprochen – absolut notwendig (not-wendend) und – subjektivistisch-phänomenologisch gesprochen – einfach die Wahrheit des Augenblickes. Der Schmerz ist unterdrückt (gepanzert) und unbewußt bzw. vorbewußt – wird nur geahnt. Die Wut ist Vorstufe des Bewußtseins, mit ihrer Kraft wird durch den Panzer der Bewußtlosigkeit und Gefühllosigkeit (“Stumpfen”) gestoßen.
“Mich kotzt das an, daß das nur eine Ahnung ist, wo sie doch das wichtigste ist!” – Absolut richtig! Die Ahnung bzw. das Bewußtsein ist das wichtigste! Die Person will bewußt werden, weil sie ahnt, daß sie dann von ihrem Problem – vom Stumpfen – befreit wird.
“Als ob ich es [das Vorbewußte] nicht annehmen kann!” – “Annehmen” heißt hier: Das Wahrnehmen der Frustration bietet eine Chance auf Wandel, im Anerkennen der Frustration liegt die Chance auf Abhilfe. Diese Chance müßte ergriffen werden, kann aber noch nicht. Die nach unten gerichtete Hierarchie der sich ablösenden Gefühle lautet (siehe dazu auch die Grafik N° 3 am Ende):
– ganz oben liegt das Stumpfen, die Gefühl- und Leblosigkeit,
– darunter liegen Unzufriedenheit und Frustration,
– darunter lieg die Wut (ein Anfang von Lebendigkeit),
– darunter liegt der Schmerz,
– und wiederum darunter liegen Schmerzlosigkeit und Lebendigkeit.
Die Person kann diese Chance nicht annehmen (nicht ergreifen), weil sie – durch Wut – noch nicht genug lebendige bzw. bewußte Personenanteile zurückerobert hat.
Kommentar zu Kapitel 5
09:59 (Youtube-Direkt-Link)
Wahrheitsbegleiter: “Ja, Peter, ja, bleib’ bei dem, wovon du eine Ahnung hast!” – Diese Aufforderung bzw. Ermutigung des Wahrheitsbegleiters wurde zwar durch die Äußerung des Hilfsbedürfnisses selbst herbeigeführt – quasi “eingefordert” –; die Intervention des Wahrheitsbegleiters markiert aber dennoch die entscheidende Wende- und Durchbruchstelle in dieser Stunde der Tiefenwahrheit, denn durch sie stößt der Wahrsager endlich zu dem, was er ahnt, und in den Kern seiner Person bzw. in den unter der Frustration und der Wut liegenden Schmerz. Der Wahrsager wird durch den Wahrheitsbegleiter entscheidend “angestoßen”, wird schlagartig in eine tiefere Etage seiner Person “gestoßen”.
Kommentar zu Kapitel 7
12:11 (Youtube-Direkt-Link)
“Ich [habe] am Ende gar keine Lust mehr zu überleben. [Ich] will lieber sterben.” – Hier geht es tatsächlich um die Frage von Leben und Tod bzw. um die Ursache für die Abtötung aller Gefühle, für die Hemmung und infolge derer für die Öde und Abstumpfung. Wer nur noch überlebt anstatt zu leben, der hat einen Grund dazu, den er vorläufig nicht einmal ahnt: es hat eine Art Nahtoderfahrung gegeben, eine akute Bedrohung des Lebens. Diese Erfahrung ist einmal im Bereich des Vorbewußten, sie ist gänzlich unbewußt. In der Öde liegen weder Bewußtsein noch Gefühle vor, das Stumpfen ist Bewußt- und Gefühllosigkeit. Alles, was die Person jetzt – sowohl dennoch als auch nur – ahnt, ist der Tod selbst und daß sie diesen dem Leben vorzieht, weil das Leben ihr diesen Nahtod beschert hat. Im Nahen des Todesschmerzes zieht die Person das Teilsterben, das Absterben vor. Dann will sie nicht mal mehr überleben. So wie sie sich als Kind selbst abgetötet hat, so entscheidet sie sich jetzt wieder bzw. immer noch für das Abtöten. Da sie sich damals abgetötet hat und sich nicht weiterentwickelt hat, ist sie jetzt immer noch Kind und will immer noch nichts anderes als sterben. Aus Angst vorm Sterben stirbt die Person ab. Das alles weiß die Person aber noch nicht. Sie weiß nur eins: daß sie den Tod bei lebendigem Leibe, das Leben auf Sparflamme will. Aber das ist von nun an – und das ist der Unterschied zum Stumpfen – tatsächlich bewußt: das weiß sie, das sagt sie ganz deutlich. In der Stunde der Tiefenwahrheit geschieht jetzt das gleiche wie im Alltag – nur mit Bewußtsein. Dieses Wissen ist bereits nicht mehr Unlebendigkeit und unterscheidet sich qualitativ schon sehr von der Öde. In der Öde weiß man auch nicht, was man will und nicht will. Hier, im bewußten Sterben oder Sterben-wollen, liegt jetzt nicht nur ein klares Wissen vor, es gibt auch bereits eine Art Gefühl. “Gefühl” ist sicher übertrieben und offensichtlich ein Paradoxon, denn im Tod gibt es keine Gefühle, aber es liegt ganz klar zumindest ein Spüren seiner selbst, eine Selbstwahrnehmung, ein passives Gefühl vor. Aus dem Kern der Person dringt kein aktives Gefühl, kein Trieb, kein Drängen, aber die Person spürt zumindest seine Innenwände. Und es ist ein Wunsch. Es ist zwar ein paradoxer und negativer Wunsch (der Wunsch zu sterben), aber es ist ein Wunsch, es liegt durchaus eine Art Aktivität vor: das Wünschen. – In der Öde dagegen gibt es keine Wünsche. Das Selbstwahrnehmen und der Wunsch können durchaus als “Gefühl” bezeichnet werden. Lebendigkeit heißt Bedürfnis-Wahrnehmung und Bedürfnis-Befriedigung. Ersteres ist die Voraussetzung für letzteres. Deshalb ist das Spüren von Bedürfnissen generell die Voraussetzung und das Geheimrezept für die Revitalisierung. Wunsch und Bedürfnis ist das gleiche. Das Bedürfnis zu sterben ist der erst Schritt ins Leben, in die Lebendigkeit.
“Scheißdreck!” – Hier hört man schon mehr als Wut oder Frust. Hier klingt schon tiefe Tragik an.
“Ich habe wieder nur Lust, alles […] zu beenden. Danach steht mir meine Lust.” Auch hier klingt – Paradoxie als Prinzip – das Lebendige des Sterben-wollens an: im Wort “Lust”. Dieses Sterben, d.h. die Abwesenheit von Schmerz, ist eine Lust, ist etwas bewußt wahrgenommenes, ja halb-aktives.
“Aber das ist die Wahrheit.” – Der Person ist die Paradoxie bewußt. Die Person will jedenfalls in der Wahrheit sein, und das ist – auch wenn es paradox ist und sie eigentlich, d.h. im tiefen Inneren, nicht wirklich sterben möchte – die richtige Entscheidung. Denn nur die Wahrheit erlaubt das Erspüren – hier: des Sterbens – und somit die Lebendigkeit.
“Das ist doch schlimm! Dieses Opfern!” – Der Person wird der Widerspruch noch klarer: einerseits sehnt sie sich danach, das Stumpfen zu verlassen und lebendig zu werden, andererseits will sie durchaus sterben und auf sich selbst und ihr Leben zu verzichten (“opfern”). Diese Spaltung empfindet sie zurecht als “schlimm”. Daß sie nur sterben will aus Angst vor dem Sterben und daß sie nur das Sterben bejahen muß, um aus dem Stumpfen zu kommen, das weiß die Person hier noch nicht, das ahnt sie aber. Aus diesem Ahnen heraus bleibt sie jedenfalls auf dem Weg der Wahrheit.
Kommentar zu Kapitel 8
13:12 (Youtube-Direkt-Link)
Die Spaltung in Todes- und Lebenswille führt zwangsläufig zu Konfusion und Verunsicherung (siehe dazu die Grafiken 4 und 5 am Ende): Die Person zweifelt ihre eigene Echtheit an und entwickelt eine Furcht, bei einer möglichen Lüge ertappt zu werden. Die Video-Aufnahme der Tiefenwahrheitsstunde könnte diese Unechtheit enthüllen und diese sich als Tiefenlügenstunde erweisen. Da die Person sich ihrer Echtheit eigentlich sicher ist, sich aber in ihrer Spaltungsverunsicherung ermutigen muß und will, beruhigt sie sich, indem sie sich versichert, daß niemand dieses Videomaterial sehen wird. Sie hat die Entscheidung über eine Veröffentlichung allein in ihrer Hand. Niemand wird sie der Lüge überführen können. Mit dieser Rückversicherung und dieser Ermutigung geht sie weiter den Weg der Tiefenwahrheit und ruft sich den Grund für die Tiefenwahrheitsstunde zurück, gemahnt sich ihres Zieles (Lebendigkeit) und integriert danach auch den kreativen, d.h. lebendigen Sinn der Video-Aufnahme, worauf die Verunsicherung verschwindet.
Kommentar zu Kapitel 9
15:01 (Youtube-Direkt-Link)
“Wenn ich dann da liege, ist alles wie weg. Ich sehe dann nichts mehr anderes als diese[n] Todes-Zustand.” – Die Wahrheit läßt sich nicht verdrängen: Das wahrhaft Lebendige ist weg. Es bestand vielleicht die Hoffnung, daß das Lebendige in einer Tiefenwahrheitsstunde quasi wundersamerweise plötzlich erscheint, etwa durch eine Art Erscheinung oder Meditation oder Konzentration auf der Suche nach einem Fünkchen Lebendigkeit, wie es die gängige Praxis bei Esoterikern ist. (Davon wird alles Mystische, Religiöse und Spirituelle gespeist.) Aber die Hoffnung hat keinen Boden, die ehrliche Wahrnehmung muß diese Hoffnung zerstören und fahren lassen. Die Wahrheit – das Lebendige – setzt sich durch: in Form des Sterbens: das erscheint nur paradox, ist es aber nicht: das Fühlen spricht eine eindeutige Sprache: da ist etwas, ich nehme es eindeutig wahr. Da ist etwas Positives im Sinne der Philosophie da, etwas Bestehendes. Und das ist das Sterben. Ob sich die Philosophen hätten denken können, daß “positiv” nicht nur bestehend, sondern auch bejahend in Bezug auf das Sterben bedeutet? Im Sterben liegt etwas Gutes, Lebendiges – zu Bejahendes. Diese Wahrheit kann die Person aber nur zulassen, weil sie erstens schon oft in vielen Tiefenwahrheitsstunden bemerkt hat, daß es “nur ein Gefühl” ist, und zweitens weil sie aktuell in sich drin unter der Resignation noch etwas anderes, noch etwas Lebendiges fühlt: den Tod.
Kommentar zu Kapitel 10
16:45 (Youtube-Direkt-Link)
“Du mußt das fühlen, du mußt es so zulassen, das Gefühl, aber eigentlich willst du das nicht [den Tod].” – Mit der eigenen Versicherung und der Ermutigung des Wahrheitsbegleiters im Rücken kann die Person den Kampf aufgeben und läßt zunächst die Resignation und dann auch den “Zustand, den du eigentlich nicht willst” – das Sterben – zu. Zuerst will die Person nicht den “Todes-Zustand” haben – niemand stirbt freiwillig –, aber sie ist eigentlich schon mitten darin, in genau diesen überzugehen und hinabzugleiten. Das “letzte bißchen Leben” ist kein Leben, es ist nur die letzte Illusion: die Illusion, daß tatsächlich volles Leben in einem ist, auf das man warten könnte und das mit Meditation re-aktiviert werden könnte. So wartend kann man sein “Leben” verbringen. Und das “letzte bißchen Leben” ist die Illusion, daß die Erfahrung von Sterben & Nahtod etwa nicht über die gesamte Existenz bestimmend sein könnten. Die Person sagt aber, daß sie das Gefühl zulassen will, also die bisher unverschmerzte und in ihr wirkende, sie bestimmende Erfahrung. An dieser Stelle wird das “letzte bißchen Leben” dann doch zu echtem Leben, und die Person will “eigentlich” und tatsächlich nicht sterben.
Ein- und dasselbe Ding (hier “Leben”) kann manchmal – nacheinander oder auch gleichzeitig – zwei ganz verschiedene Bedeutungen haben: einmal etwas Falsches (Illusion) und einmal etwa Echtes (Sterben als Lebendiges). Das “letzte bißchen Leben” ist keine Illusion, wenn man es wirklich aktiv wahrnimmt und fühlt.
Kommentar zu Kapitel 11
18:21 (Youtube-Direkt-Link)
“Und dieses Gefühl kenne ich auch von früher: daß ich plötzlich so innerlich groß werde.” – Mit dem Zulassen und der Erfahrung des Sterbens und der Lebendigkeit, die in diesem liegt, stellt sich folgerichtig eine Sinneserinnerung an ein ganz bestimmtes Phänomen in der Kindheit her: Das Fühlen des Sterbens – also das Wahrnehmen des in einem lebendig Bestehenden – führt zu einem existentiellen Gefühl: nämlich des Da-Seins der Person. Das, was die Person hier fühlt und was etwas sonderbar daherkommt, ist im Grunde nichts anderes als das normale Körpergefühl einer real existierenden Person und überhaupt nichts Besonderes. Esoteriker würden hierin etwas Außergewöhnliches sehen. Im Vergleich mit dem ständig beklagten “Nichts” oder mit dem “Geringen” und “Wenigen”, als das sie sich sonst wahrnimmt, ist es verständlich, daß sich die Person jetzt als “groß” empfindet. Es wird nur zu einem “Phänomen” – zu einer etwas mystischen klingenden “Erscheinung” –, weil es sich nach sehr langer Zeit (50 Jahren) oder zum ersten mal seit der Abtötung wieder einstellt und völlig fremd war. Das Eigene, das Körpergefühl – und damit das Selbst – ist aus Todesangst heraus verdrängt worden: Das ist die Ursache der Entfremdung.
Kommentar zu Kapitel 14
28:03 (Youtube-Direkt-Link)
Wenn man das Leben wiederentdeckt und die Große Verarschung realisiert, dann will man natürlich sofort wieder mehr davon. Zur extrem langsamen Sprechweise siehe Vorwort und Anhang in der Video-Fassung.
Veranschaulichung samt weiterer Kommentare